
GARMISCH_ROM
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„Lass uns unsere erste gemeinsame Bikepacking-Reise machen!“
Das waren letztes Jahr meine Worte an Consti. Wenige Tage später hing der Gedanke immer noch in unseren Köpfen und ehe wir uns umschauten hatten wir die Reise geplant. Zuerst sollte unser Ziel jedoch ein anderes werden, und zwar Paris. Dann fiel die Entscheidung jedoch auf Rom - wir waren beide noch nicht dort und sind einfach Fans von Italien und dessen Flair. Außerdem fanden genau in diesem Zeitraum die olympischen Sommerspiele in Paris statt. Also war es entschieden: Vatikan wir kommen!
Die "Grands Départs" rückte immer näher und es stellte sich die Frage wie wir unser Gepäck verstauen und vor allem was wir mitnehmen. Dank der Unterstützung von AGU viel die Entscheidung leicht. Die Seat-Pack Venture, eine Arschrakete die 10 Liter fasst, und die Roll Bag, eine Lenkertasche, mit 1,5 Liter Fassungsvermögen waren unsere treuen Begleiter in denen wir neben unserem Wechselkit, ein Alltagsoutfit, Snacks und Hydraid, Kosmetik, eine E-Pumpe und Spareparts unterbrachten. Wir montierten die gepackten Taschen also an unsere Räder, schnappten unseren Geldbeutel und starteten in Richtung Brenner.
Der Tag war einfach traumhaft sonnig und gab uns genau die Energie, die wir für unseren ersten langen Tag brauchten. Über den Telfserberg rollten wir nach Innsbruck und machten dort noch einen kurzen Stopp an einer Tankstelle. Nach einem Kaffee und Snacks traten wir gestärkt die Auffahrt zum höchsten Punkt der gesamten Tour an. Dank Rückenwind ging es richtig gut voran, und schließlich erreichten wir den Brennerpass! Oben belohnten wir uns mit einem Muffin, bevor es dann bergab nach Italien ging - nächstes Zwischenziel: Sterzing.
Das Gefühl, in Sterzing einzufahren, war einfach unglaublich. Bis zu diesem Punkt hatten wir schon über 150 km und 1.800 Höhenmeter hinter uns – und was gibt es da besseres, als unseren ersten Espresso auf italienischem Boden zu genießen?! Weiter ging es bis zu unserem ersten Tagesziel: Klausen. Nach 175 km und 1.885 Höhenmetern kamen wir erschöpft, aber glücklich an. Natürlich die genehmigten wir uns eine Pizza, um uns schon mal auf das italienische Nationalgericht einzustimmen!
Der zweite Tag begann früh – viel zu früh, zumindest für mich, denn normalerweise frühstücke ich erst um 10:30 oder 11 Uhr. Für Consti war es optimal, denn er ist ein Frühaufsteher. Um 7 Uhr war es dann aber soweit: Abfahrt in Richtung Bozen! Der Tag zog sich zwar ein wenig, aber das tolle Wetter begleitete uns den ganzen Weg. Über Trient radelten wir mit ordentlich Gegenwind 179 km entlang der Etsch bis zu unserem zweiten Ziel: Bussolengo! Ohne Umwege suchten wir erstmal ein schönes Plätzchen für das zweite Abendessen. Ich sag's euch, die Pizza dort war einfach die beste, die wir je gegessen haben! Im Hotel angekommen, zogen wir die Radklamotten aus, wuschen sie im Waschbecken und machten uns dann auf den Weg ins Bett – das Zimmer war zwar nicht ganz mückenfrei, aber mit ein bisschen Kuschelfaktor haben wir uns trotzdem gut erholt. :)
Und schon begann unser dritter Tag! Wie immer starteten wir mit unserem obligatorischen Espresso und Cornetto, füllten die Flaschen mit eiskaltem Wasser und Hydraid – und los ging’s. Die Durchquerung der Po-Ebene stand auf dem Plan, wer sie kennt, weiß, dass die Strecke nicht gerade spannend ist. Die unendlich langen Bundesstraßen und der starke Verkehr verlangte Mental einiges von uns ab, wohl genau deshalb gaben wir ordentlich Gas um schnell aus der Schusslinie der Trucker zu gelangen.
Bei einem unserer Pitstops erwischte ich ein verschimmeltes Panini. Was für ein Schock! :D Nach einem kurzen Nervenzusammenbruch, weil ich es fast ganz gegessen hatte ohne es zu merken und einer ordentlichen Dosis Kohletabletten ging es weiter. Wir fuhren über Vigasio, Ostiglia, Poggio Rusco und San Giovanni in Persiceto, bis wir schließlich Bologna erreichten – oder eher gesagt, Casalecchio di Reno. Der Verkehr durch Bologna war einfach irre! Man musste wirklich gut aufpassen. Als Sahnehäubchen überholte mich dann ein Mann auf einem alten Stadtrad mitten am Anstieg auf einer dreispurigen Straße stadteinwärts– das war fast ein bisschen verletzend :D
Nach 151 km erreichten wir endlich unser Hotel. Wir starteten mittlerweile routiniert unseren Waschprozess im Waschbecken, warfen uns in unser einziges "Ausgehoutfit" das wir schon drei Tage zuvor getragen hatten und machten uns auf den Weg zur dritten Pizza. Ich hatte immer noch ein komischen Gefühl im Bauch, weil ich mir sicher war, dass ich eine Menge Schimmel gegessen hatte. Dr. Google machte es schließlich nicht besser und daher entschied ich mich für das "beste" Hausmittel - Limoncello, um meinem Magen etwas Unterstützung zu bieten.
Nachdem mich Consti beruhigt hatte und mir versicherte, dass ich nicht sterben würde, gingen wir zurück ins Hotel und fielen ins Bett.
Der vierte Tag brach an. Leider erwischte mich eine kleine Erkältung, was die Fahrt etwas anstrengender machte, aber keineswegs schlechter! Ich glaube, meine eigene Euphorie hat mich wieder gesund gemacht, denn jeden Tag wachte ich mit diesem großartigen Gefühl auf, weil ich wusste, dass ich wieder den ganzen Tag auf meinem Rad verbringen durfte. Ich weiß, für viele klingt das nach Horror, aber jeder, der das hier liest und selbst Rennrad fährt – you know what I mean!
Es ging Richtung Florenz, und je näher wir der Stadt kamen, desto mehr motivierten uns die Schilder, auf denen die Kilometer bis Florenz immer kleiner wurden. Über Prato, nach 123 km und 1.000 Höhenmetern, erreichten wir endlich Florenz – und das war der Moment, an dem ich zum ersten Mal so richtig stolz auf uns war. Wir waren von zu Hause aus losgefahren und standen nun auf der Brücke in Florenz! Es war kaum greifbar und wir waren einfach überglücklich. Natürlich gönnten wir uns auch ein überteuertes Eis für 16 Euro, aber das hatten wir uns sowas von verdient!
Der Tag war unglaublich heiß, und wir konnten es kaum erwarten, unsere Unterkunft zu erreichen – schließlich hatten wir einen Pool - Praise the Lord! Das Ortsschild „Pontassieve“ war erreicht, und die Unterkunft war eine der schönsten auf unserer ganzen Reise. Wir wurden von zwei kleinen Feinis begrüßt, die gleich für eine Extraportion Charme sorgten.
Die Radklamotten wurden natürlich wieder im Waschbecken gewaschen, zum Trocknen diesmal aber nach draußen gehängt, und dann machten wir uns auf den Weg zur vierten Pizza – und eine Portion Nudeln, Abwechslung muss schließlich auch mal sein!
Tag 5 brach an. Ich muss zugeben, als ich aufwachte, war ich ein kleines bisschen traurig, denn ich wusste, dass wir in nur zwei Tagen Rom erreichen würden. Ich kann das Gefühl kaum beschreiben, aber irgendwie wollte ich gar nicht wirklich ankommen. Ich wollte einfach immer weiter fahren. Der Weg führte uns an Tag 6 aber erstmal nach Chiusi, also standen 110 km und 900 Höhenmeter auf dem Plan – und es wurde noch heißer!
Unsere Pitstops machten wir in Supermärkten, immer auf der Suche nach einem schattigen Platz, der uns ein bisschen Abkühlung bot und einem LEMON SODA - was gibt es besseres?!? Doch schließlich kamen wir an – in unserer Unterkunft mit Pool und einem fantastischen Restaurant! Wir packten unser All-Time-Outfit wieder aus, und ich muss sagen, ich fühlte mich so wohl wie nie. Es ist einfach dieser besondere Moment, in dem man sich keine Gedanken machen muss was man anzieht, weil man nur das dabei hat was man wirklich braucht – Freiheit pur!
Tag 6 - 114 km und 1.300 Höhenmeter standen auf dem Plan, und heute ging es durch die atemberaubende toskanische Landschaft. Einfach irre! Es war unglaublich schön, und wir hörten uns ständig sagen: „Wow, schau mal, wie schön!“ Besonders entlang des Bolsena Sees. Dort trifft Tradition auf Tourismus. Viele Menschen und gelassene Locals teilten die Stimmung am Hauptplatz in zwei Welten. In einem kleinen Bistro stärkten wir uns für die letzten Höhenmeter und einen kleinen Tempowechsel - "schnell, der Himmel wird ziemlich dunkel!" Wir beeilten uns Richtung Vetralla, mit einem Auge beobachteten wir die dunklen Wolken, mit dem anderen orientierten wir uns Richtung Tagesziel. Wir hatten unglaubliches Glück an dem Tag und blieben trocken. An dieser Stelle aber ein dickes "DANKE" an Petrus, denn wir konnten auf unsere Regenjacke bisher komplett verzichten.
In Vetralla angekommen, packten wir unsere Sachen aus, wuschen unsere Klamotten und machten uns auf den Weg etwas zu essen. Wir landeten in einer Bar, bestellten Aperol und beobachteten das bunte Treiben der Stadt. Vetralla schien etwas in die Jahre gekommen zu sein - verfallen Häuser und kaputte Straßen. Anfangs fühlte es sich etwas unsicher an, doch je länger wir dort saßen, desto mehr bemerkten wir, wie wenig es braucht, um wirklich glücklich zu sein: ein gutes Glas Wein, neue Eindrücke, Freunde und tiefe Gespräche. Die Jugendlichen lachten laut und man merkte, dass wir genau an dem Ort waren, an dem sie sich oft trafen. Viele von ihnen kannten sich. Es war schön, für einen Abend in diese Welt einzutauchen.
Übrigens, meine Erkältung wurde besser – natürlich achtete ich während der Fahrt immer auf meinen Puls!
Nach dem Abendessen ging es dann wieder zurück ins Hotel, und ich wollte gar nicht schlafen, weil ich wusste, dass wir morgen die letzte Etappe unserer Reise antreten werden und somit eine unglaublich schöne Zeit zu Ende geht. Ein komisches Gefühl, weil es ja unser Ziel war und da sollte man sich doch mehr darüber freuen, oder? Doch gleichzeitig wurde ich traurig und wünschte mir, wir könnten noch weiter fahren. Kurzzeitig haben wir überlegt, vielleicht noch bis Neapel zu radeln, aber leider hätte das unseren Zeitplan durcheinander gebracht.
Tag 7 und Ciao Rom! 73 km und 600 Höhenmeter - Katzensprung hihi - zeigte unser Wahoo an, und plötzlich fing es an zu regnen. Nach sechs sonnigen Tagen war es ausgerechnet am letzten Tag der Reise der Regen, der uns nach Rom begleitete. Als wir den Vatikan erreichten, war es ein schneller, hektischer Moment, weil unglaublich viel los war. Erst als wir am Kolosseum vorbei fuhren und die Straße hinauf zu unserem Hotel radelten, realisierte ich: „Wow, wir sind wirklich von Garmisch nach Rom geradelt.“ Und das haben wir uns die nächsten Tage immer wieder gesagt, laut gelacht und uns darüber gefreut, es tatsächlich getan zu haben. Denn bei dieser Reise ging es nicht um das Ankommen – es war die Reise selbst, die uns so bereichert hat. Die Tage auf der Straße, die Begegnungen, die Herausforderungen und die Freude, gemeinsam etwas so Großes geschafft zu haben, werden uns für immer in Erinnerung bleiben.
04.06.24- 10.06.24
GAP-ROM
930 km, 37,5 Stunden, 6400 hm
Unser Bike Setup für den Trip – Bike Packing Guide
Für unseren Fahrradtrip haben wir besonders auf die richtige Ausrüstung geachtet. DAS Highlight: Wir hatten während der gesamten Reise keinen einzigen Platten!
Arlette's Setup
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Bike Computer:
Wahoo Element Bolt V2 – Kompakt, präzise und einfach zu bedienen für Navigation und Daten-Tracking. -
Übersetzung:
50/34 - 11/32 (11-fach) -
Reifen:
Continental Grand Prix 5000S – der altbekannte,schnelle und pannensichere Reifen. -
Schlauch:
RideNow Road Tube (TPU-Schlauch) – Extrem leicht, robust und weniger anfällig für Schäden als traditionelle Schläuche. -
Favs:
Powerbank und ganz viele Snacks :)
Bergkönig Ultimate 47 Carbon – Diese Laufräder haben uns während des gesamten Trips extrem begeistert: leicht, stabil und schnell. Sie haben übrigens so performt, dass Consti sich für dieses Jahr auch welche geholt hat!
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Consti's Setup
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Bike Computer:
Wahoo Element Roam V2 – Größerer Bildschirm und zusätzliche Funktionen für noch mehr Übersicht und Kontrolle. -
Übersetzung:
50/34 - 11/34 (12-fach) -
Reifen:
Pirelli P-Zero TLR RS – äußerst laufruhig, trotz des Zusatzgewichtes war er von der Pannensicherheit überrascht -
Milch:
MucOFF Sealant – trotz Glassplitter blieb die Luft im Reifen +400km – einfach ins Reifenventil und los geht's. -
Favs:
Elektrische Fahrradpumpe, Hydraid, Isolierband – klein aber oho! Hydraid war unser Diesel an heißen Tagen und versorgte uns optimal mit Elektrolyten. Ohne Isolierband geht man nicht auf lange Fahrradtouren ;)